Der Camino prüft mich

 



Julita und Isaki (da muss ich an meinen kleinen Iseki denken) waren wirklich wieder unter den super netten hospitaleros, nicht nur, dass ich einen Ersatzkübel bekam, er wurde mir auch noch getragen. Den mußte ich natürlich dort lassen, aber heute würde ich ja vielleicht in León einen Ersatz kaufen können…

Da war der Tag noch in der Ordnung. Eigentlich hatte ich ja geplant, kurz vor León in einem Stall Rast zu machen, aber das wären dann nur ein paar Kilometer gewesen, umdisponieren war also angesagt. Mein Engel Irina fand mir zwei Alternativen, eine davon in vernünftiger Reichweite, ich müßte nur mal vom Camino abbiegen, und den Stall finden. Google maps kann ja sowas von nix, wenns ums Finden geht – finde ich. Nur schwammige Kartenausschnitte, also fütterte ich die Gabi mit den Daten, um da hinzukommen. Der Anfang der Strecke führte bald durch Vororte von León, mit dem Charme von Industriegebieten, danach bog ich links ab. Endlich mal Naturwege… ach ja. Wären da nicht die Unmengen an Müll und Schrott gewesen, die die Leute einfach in die Gegend schmeißen. Von Autoteilen über Möbel, irgendwelchem Sperrmüll bis zu LKW-Teilen war alles dabei. Wiss ma nicht wohin damit – hauen wirs einfach irgendwo in die Pampa. Hmpf. Sowas hab ich ja schon dick.

Nun gut, um diese Autobahn zu unterqueren, mussten wir da vorbei, danach kamen kleine Siedlungen, wo gefühlt jeder „Garten“besitzer ein zwei Hunde drin einsperrt, damit da ja keiner die nicht wachsenden Tomaten klaut. Danach ein Weg zum Flussufer. Nach einigen hundert Metern führt die GPX-Route über den Fluss. Ich sah nach oben, unten, links und rechts – da war genau NICHTS. Keine Brücke, nur ein recht abgeschwemmt aussehender Uferteil. Die andere Seite schaute jungfräulich gestrüppbewachsen aus - ? Also besser zurück? Probieren wir mal, ob man weiter nördlich über die Brücke kommt. Da hatte ich mal die Uferseite genommen, die von der oberen Seite durch eine Art Geländer abgetrennt ist und zweifelte langsam, ob man da je wieder nach oben kommt. Nochmal umdrehen. Grade wie ich nach Inaugenscheinnahme eines Engpasses wieder aufsteigen wollte, donnert’s. Maja not amused. Ich auch nicht. Kaum dann doch aufgestiegen, fängts an. Erst mal Regen wie aus Kübeln – die Frisur hält schon lange nicht mehr. Dann kam noch die Steigerung – Hagelgewitter. Wenigstens hält das Regencape. Auf Helmut prasselnde Hagelkörner halte ich schon aus, aber die Mädels waren definitiv unlocker mittlerweile, und ich schaute, dass ich von dem Ufer weiter wegkam. Der einzige Trost war ein Baum, unter den wir uns dann stellten, damit die armen Ponys nicht wie mit Eisschrotflinten von oben beschossen würden. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt bereits definitiv die Nase voll von dem Tag. Aber irgendwann hört jedes Wetter auf, sogar dieser Auswurf, und ich steuerte die beiden durch etliche Riesenpfützen, immer noch hoffend, dass ich über eine Brücke käme. Doch die letzte – ich muss Maja an dieser Stelle wirklich loben, sie ist todesmutig durch jede gegangen – war sogar mir unheimlich, zumal ein ganzer Wasserstrom noch zusätzlich für Zuwachs an Wasser sorgte. Jetzt blieb nur noch ein Ausweg – umdrehen, wieder nach Süden. Ärgerlicherweise war ich von meinem Ziel lediglich durch den blöden Fluss getrennt, hätten wir doch nur fliegen können!

Nach nochmaligem kilometerlangen Umweg sank die Laune auf den Nullpunkt, zum Glück war wenigstens das Wetter freundlich mit uns. Und auf den letzten Metern hoffte ich nur noch, dass der Platz ein guter sei. Meine Gebete diesbezüglich wurden erhört, die Finca Los Potros und sein Besitzer Miguel hatten ein Herz für Ponys, zwar wurde erstmal gerätselt, wo wir die denn hinstellen sollen (ich war angekündigt…) aber zum Glück habe ich ja immer den Zaun, und brauche sie auch nicht anzuhängen, was hier leider Gottes noch recht üblich ist. Sie bleiben sogar drin. Es gab zwar nicht viel Gras, aber dafür Heuiges Stroh, oder Strohiges Heu, so genau kann man das nicht sagen, aber sie haben es sehr gern gefressen. Leihkübel gabs auch.

Mit der Übernachtung hätte ich mich entweder gleich dazulegen können unters Vordach, oder nach León in die Herberge. Ich entschloss mich für letzteres und bekam einen lift nach León – so würde ich doch tatsächlich mal eine Stadt von innen ohne Ponys sehen. Aber wehe wehe, es war Fiesta….

Ich konnte zwar in der kirchlichen albergue einchecken, hatte aber nur noch zwei Stunden Zeit, bis die zusperrten. Na gut, mal schnell raus und wo was essen. Nur… diese spanischen Restaurants, wie gesagt, ich checks einfach nicht, und wollte einfach nur schnell eine Pizza. Angesichts der Menschenmassen fragte ich mich, warum ich nicht einfach neben den Ponys mein Lager aufgeschlagen hatte. Bald hatte ich auch schon eine Trattoria entdeckt, und strahlte den Barmann an, der mir eine Cola andrehen wollte (sein Bedien-Speed war sehenswert), aber als ich die verneinte, sprach mich wer von links an, ob ich denn in der Schlange angestanden wäre,… ich drehte mich um und sah eine Riesenschlange Leute, die alle was wollten, hauptsächlich starke Drinks. Der Barmann war trotz spanischer Unterstützung von links nicht bereit, mir irgendeine Bedienung zukommen zu lassen. 

Leicht gesäuert verließ ich das Etablissement. Mein Magen hing um 20:30 schon ziemlich in den Knien, durch die umwegbedingt erhöhte Kilometrage war ich „etwas“ ausgezehrt und die Laune sank wieder Richtung Untergeschoß, ich wollte nur noch irgendwo was essen und in die Heia, die Leute waren laut, bereits ansatzweise betrunken und machten die Höllenparty in Leon, drinnen und draußen. Ich fand zum Glück noch eine Labestelle, zwar hatten die nur die Bar und den Vorraum offen, der Sitzbereich war gesperrt, aber es lag dort eine fertige Kartoffeltortilla rum, und genau die würde ich mir jetzt einverleiben, war der Plan. Die Bedienungen machten große Augen. Die ganze? Allein? Erst mußte ich mir noch einen Barhocker erkämpfen, weil da irgendein Spanier seine Füße drauf hatte, damit ich in Ruhe im Sitzen essen konnte. Die Bedienungen waren supersüß, erkannten sofort den Ernst der unterzuckerten Lage, und verwöhnten mich mit einem Käse extra. Es gab sogar eine Ingrid in der Küche! Soviel hat mir Juana, meine Bedienung, verraten. Angel of the day. 


 

"buen camino" von den Fiesta-Feierern

 

Als Draufgabe traf ich beim Heimgehen die lustige Luna, wir freuten uns beide einen Haxen aus. Mitten im Gewühl. Dabei schlief sie sogar in der gleichen albergue, wir tranken noch einen Tee auf unser Wiedersehen und tauchten ab in die Damenabteilung des Riesenschlaftrakts (zum donativo-„Nulltarif“). Ruhige Nacht ;-)

 

 

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