Die Kunst ist es, den Camino langsam zu gehen

 


Die Stute will schon mit uns mit...


Abends, in der Bar...
 


Den Spruch habe ich von sozusagen einem „Vor-Pilger“, dem Verfasser des Buches „Camino im Winter“, https://www.caminoimwinter.at/ der laut seiner Aussagen diesen Spruch zunächst selbstverständlich ignoriert, und dann erst später verstanden hat. Von Zeit zu Zeit muß ich daran denken, dieser Tage eher öfter...

Mein neuer Mitreiter hatte am Vortag schon mal telefonisch abgeklopft, welche Plätze es in erreichbarer Reitnähe waren, und außer einer albergue kurz vor Burgos war nicht wirklich was verfügbar, das wären 30 Reitkilometer. Na ja, mit dem gleichen Speed wie gestern würde das schwierig werden, so wollten wir zumindest mal „früh“ los – was dann 10 Uhr wurde – eh nicht schlecht. Der Regen hatte noch nachts was abgelassen, jetzt aber war es schön, und frisch.

Heute stand ein Anstieg von ca. 750 auf über 1100 Meter Seehöhe auf dem Plan, den die Mitpilger relativ schwitzend unter die Füße nahmen, ich zum Teil auch. Immerhin war heute keine Straße oder Baustelle in Sicht, dafür haufenweise Mitpilger, die ich zum Teil schon kannte, immer mal wieder kleine Ratsch-Stopps, die Sonne schien, nicht zu warm, alles fein. Das Packpferd meines Mitreiters hatte – so hatte er gesagt – seit ein paar Tagen eine neue Macke, immer mal wieder blieb er stehen, um entweder zu äpfeln oder anderweitig stiften zu gehen. Komisch...? Irgendwie kannte ich das von irgendwo…

Erinnerte mich irgendwie an die Trainingstage auf der Mühlviertler Alm, wo ich mit Maja und Saeta unterwegs war, und letztere auch einmal gemeint hatte, sie würde jetzt gleich sofort bei der Gewerkschaft anrufen, weil das von ihr Verlangte einfach nicht zumutbar sei… Ein paarmal hatte ich mir die Stopperei angeschaut und dann an einer sehr einsamen Waldstrecke beschlossen, sie einfach dort stehen zu lassen. Es dauerte keine drei Minuten, da kam sie angaloppiert, uns überholend, und hat diesen Trick seither nur mehr angewendet, wenn da wirklich ernsthaft Grund zur Klage war, die Etappe oder Fresspause zu lange, das Tempo zu hoch…. Mit der Zeit habe ich gelernt, mich mir ihr zu arrangieren, sie achtet einfach sehr gut auf sich selbst, manchmal muss man das akzeptieren. Dafür hat sie mir in Situationen, in denen es drauf ankam, immer die Stange gehalten, nie schlappgemacht, wenns ernst war, das rechne ich ihr hoch an. Man darf einfach nie unfair spielen mit ihr…

Also machte Hildingur, so sein Name, kurz Hild(t)i, seinem Namen Ehre und bohrte die Beine in die Erde, sehr zum Mißfallen seines Herrn, der ihn dann wieder irgendwie einsammeln musste. Ich kannte das Spielchen jetzt schon und ritt einfach gemütlich im Schritt weiter, alles in allem war ich im Endeffekt genauso flott im Schritt wie die anderen mit Stop-and-Tölt-Go…Vielleicht war das die message?

Die Strecke führte nach dem Anstieg recht schön durch Waldgebiete, manchmal mit schönem Geläuf, manchmal waren auch große Steine dabei, die wollte ich meinen Pferdebeinen nicht unbedingt im Trab zumuten, man ist ja schließlich nicht in Island, und frisches Wechselpferd hat man auch keins, die dort übliche Herbstpause wird gerade eben ignoriert - somit blieb ich bei meiner Tempogestaltung, was zur Folge hatte, dass ich meinen Vorreiter nach der Waldstrecke im netten Ort San Juan de Ortega aus den Augen verlor, und ein Päuschen einlegte, da Holly, die mir in Navarrete geholfen hatte, Brot einzukaufen, mich auf einen Drink einlud, wer kann da schon Nein sagen…

Die Umgebung hatte auch Gras zu bieten, welches die Mädels bereits in Arbeit hatten, und ich hatte gute Lust, hierzubleiben, da noch der ganze Rest an netten Leuten hier zu sein schien oder noch auftauchte, sie hatten alle hier gebucht und schwärmten von der tollen Einrichtung. 

Maja will mal kurz beten...

 

Die bekam ich erst spät abends zu Gesicht, zuvor gabs nach dem Einchecken und Zaunbauen noch Riesenpaella zum Abendessen bis zum Platzen, und dann durfte ich noch mein Sattelzeug aus der Infohütte rausräumen, weil der Nachbar unbedingt die Hütte zusperren wollte. Hätte er ja gerne können, aber wann er wieder aufsperren würde, war nicht zu erfahren, und meine Wirtsleute bekamen ohnehin den Angela-Merkel-Blick angesichts seiner Person, so zog ich es vor, nicht zu knurren und schleppte mein Zeug in den Vorraum der netten Albergue La Cuadra de Luisito… Nur nicht anstreifen…

Ach ja, es waren diesmal sogar Angelika und Peter in der gleichen Herberge wie ich! Wie schön, gefühlt alle Sprachen wurden heute gesprochen, und es herrschte ein sehr schöne Atmosphäre in der sehr authentisch renovierten Herberge. Die Stockbetten waren sogar aus Alt-Massivholz!! Es fehlte nur noch der Himmel fürs Himmelbett…

Es ging nun bald in die sogenannte Meseta, die Wüste Spaniens, mal sehen, wie die Versorgungssituation dort wäre, es wurde spekuliert, wie lange die Herbergen oder Läden dort offen hätten, bis sie sich in den Winterschlaf zurückzögen und Geisterdörfer zurücklassen würden, doch das Motto des heutigen Abends lautet: Wir schaffen das!

 

 

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