Saeta übernimmt die Führung - auf(wärts?) nach Galicien

 


In der wunderbar praktischen Albergue war ich bestens ausgestattet, um das Sattelritual noch im Dämmerschein zu beginnen, denn die Ponys waren satt und zufrieden, das Sattelzeug gleich im Trockenraum neben dem Eingang, wo ich sie anbinden konnte, und im Schein der Laternen war es recht einfach, den Packlkram anzubringen. So kamen wir pünktlich mit dem Tageslicht auf den Weg, der uns heute steil bergauf führen sollte. Und ich hatte vor, den Berg auch wieder zu verlassen. Aber erstmal hochkommen.

Nach einigen Kilometern gings recht steil bergan, und da Saeta bereits am Start gemeint hatte, sie wüßte, wo es langgeht, ließ ich sie gerne vorausgehen, den Strick samt ihrem Schweif in der Hand, so war das Erklimmen der Steigungen mit Ponylift relativ gut machbar. Durch die Regenfälle war natürlich eine hohe Luftfeuchtigkeit, so dass wir drei ordentlich ins Schwitzen kamen. 8 Kilometer waren es bis zum Ort O Cebreiro, vor dem allerdings noch der Übergang nach Galicien kam, es waren auf den Schildern schon vorher gewisse „Änderungswünsche“ der Schreibung zu sehen gewesen, während die Tafeln der Region „Castilla y León“ relativ unangetastet blieben. Die waren zuvor von Graffiti-affinen Zeitgenossen zunächst hinten, dann vorne geschwärzt worden, vermutlich von den jeweiligen Separatisten, die „ihr“ Land lieber ohne den anderen Anhang sehen würden. Doch das Galicische sieht für manche Buchstaben ganz andere vor, zum Beispiel ein X für ein C… et cetera. Unsereins kann darüber nur den Kopf schütteln. Bei uns hat noch keiner probiert, „Reowa“ auf das Ortsschild der Bezirkshauptstadt zu pinseln. Oder das Wappen zu überkleben. Zum Glück.

Oben angekommen, empfing uns gleich ein Dudelsackspieler, der den armen Dudelsack ordentlich malträtierte, bevor es ins keltisch anmutende Dörfchen ging, wo ich den Mädels eine wohlverdiente Mittagspause gönnte, plus den Rest der Elektrolyte, sehr brav waren sie gewesen. Erst naschten sie den Kirchvorplatz kurz, dann durften sie vier Treppen steigen und die Riesenwiese dahinter bearbeiten, während ich versuchte, mir einen wärmenden Tee zu organisieren, der Wind pfiff ein wenig. Erst in Bar Nr. zwei wurde ich nicht ignoriert und erhielt das Gewünschte. Acht Kilometer waren für heute natürlich nix, daher zog es mich weiter, und ich hoffte, nach dem Abstieg von den 1300 Meter hohen Höhenzügen was Passendes zu finden. Erstaunlich lange verblieben wir auf der Höhe, erst zum Ende zu ging es wieder deutlich nach unten. Ich traf noch Kim aus Kanada, zum vermutlich letzten Mal, weil sie heute noch nach Sarria wollte – gehend oder Taxi fahrend, das fiel nicht ins Gewicht. Derlei Erleichterungen können wir drei leider nicht in Anspruch nehmen, selbst wenn wir wollten.

Die albergue im ersten Dorf war trotz Vermerk „bis Ende Oktober geöffnet“ bereits zu. Merke: den Angaben im internet ist genausoviel Glauben zu schenken wie der Annahme, dass die Spanier beim Zebrastreifen anhalten werden.

Okay, dann gehen wir also noch 3,5 Kilometer weiter, bis Triacastela. Dort waren über 10 Herbergen gelistet, von denen einige Pferde aufnehmen würden – so die Angabe. Mein Buchungsengel telefonierte alle durch – mit sehr mäßigem Erfolg. Alle verwiesen auf die municipal (Gemeinde-) albergue, wo war die? Gleich beim Ortseingang, wo uns schöne Wiesen richtig schön grün zu Füßen lagen und die Ponys sich das Grün schmecken ließen… kam eine Dame auf uns zumarschiert und meinte, hier sollten wir nicht fressen, aha? Natürlich nur Spanisch. Der Verdacht, dass das die hospitalera der Gemeinde-Albergue war, kam mir ganz bald, die Richtung war dieselbe. Ich ließ den Buchungsengel mal mit ihr telefonieren, sie hatte selbst vor 2 Jahren dort übernachtet.

Außer dem Hinweis, dass es kein WLan gäbe und keine Küchenutensilien, ich aber gerne einchecken könnte, die Ponys aber nicht, war der Dame kein Zugeständnis zu entlocken. Sogar die Chefin rief sie noch an – nein leider. Inmitten von sattgrünen Wiesen. Ich hatte langsam unterzuckerten Hunger und über 30 km auf der Gabi, und gute Lust, hier und jetzt meinen Hänger in Frankreich zu holen. Den Rest der Strecke mit ebendiesem zu fahren und den hinteren Inhalt auf den Platz vor der Kathedrale zu kippen. Gastfreundschaft sieht anders aus. Die zweite solche Aktion in drei Tagen, ich würde ja nichts sagen, wenn eine Lösung himmelweit entfernt läge, aber hier WILL man einfach nicht. Empathie? Null. Na wartet. Wenn das so weitergeht, gibt’s einen entsprechenden Buchtitel.

Das Ende vom Lied? Ich ging am Rastplatz campen. Das gesparte Geld legte ich in einem Abendessen an. Die in der Bar anwesenden Amerikaner machten einen derartigen aufdringlichen Lärm, dass ich ansatzweise die Saisonmüdigkeit verstehen kann. Aber was die Ponys dafür können? Die sind jedenfalls leiser.

 

Galicien ist anders... nur wie, wird sich noch rausstellen

 

Hier nehmen sies schon sehr genau, alle 20 m ein Stein, gefühlt

Kommentare

  1. Ingrid! I am in finisterre. So happy I stopped the Camino, and came here. I am staying a few days, maybe I'll meet your angel 😊.
    The sea is so beautiful and is waiting for the three of you. Send you love and love and love.
    Bisous

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    1. Beautiful! I'll be there soon... Go to albergue Sonia, there you can meet angels ;-) Love and love and love back, to the end of the world...

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